Vergleich Thesen und Leitsätze
Ein Vergleich der Thesen und Leitsätze zeigt aus praktischer Sicht folgende Gemeinsamkeiten, Unterschiede und einzelne Akzente:
Weitgehende Gemeinsamkeiten:
- Grundsatz:
Beide sehen das Preisrecht im Grundsatz weiterhin als notwendig, als keinen Verstoß gegen andere Rechte und Gesetze und auch nicht als durch andere Regelungen überholt an. Während Dr. Greiffenhagen die absolute Notwendigkeit wegen der Aufrechterhaltung des Preisstandes betont, sehen Prof. Dörr und Prof. Hoffjan zwar auch die Notwendigkeit des Preisrechts, aber dieses streng genommen als nicht verfassungs- und EU-rechtlich geboten und somit grundsätzlich disponibel für den Verordnungsgeber.
- Preisprüfer:
Beide sehen das Vorhandensein und die Stärkung der Neutralität und Unabhängigkeit sowie der Befugnisse der Prüfungsbehörden als unbedingte Voraussetzung und fordern, dass dafür auch genügend Preisprüfer vorhanden sein müssen.
- Ausdehnung des Preisrechts auf andere Auftraggeber:
Dr. Greiffenhagen bejaht eine Ausdehnung auf nicht-erwerbswirtschaftlich tätige Unternehmen des Privatrechts als Auftraggeber; Prof. Dörr und Prof. Hoffjan merken an, dass eine Ausdehnung des Preisbildungsrechts auf öffentlich finanzierte, aber privatrechtlich organisierte Auftraggeber seinem originären Regelungszweck entspräche.
- Anwendung Preisrecht bei Unteraufträgen:
Für wesentliche Unterauftragnehmeranteile schlagen Prof. Dörr und Prof. Hoffjan vor, die VO PR 30/53 verpflichtend anzuwenden. Als angemessen zur Verhinderung der „Flucht aus dem Preisrecht” sehen sie eine Grenze von 80 % des gesamten Auftrag, ab der dies gelten soll. Dr. Greiffenhagen spricht sich für eine grundlegende verpflichtende Anwendung der VO PR 30/53 bei wesentlichen Unterauftragnehmeranteilen aus. Er sieht die Grenze bei 10 % der Summe des Hauptauftrages und beruft sich dabei auf die Definition des „Wesentlichkeitsbegriffes” in Literatur und Rechtsprechung zum Preisrecht.
- Ressortabkommen und vertragliches Preisprüfungsrecht des BAAINBw:
Dr. Greiffenhagen empfiehlt, für künftige Abkommen den Vorrang der Preisprüfungskompetenz der Preisüberwachungsbehörden stärker zu berücksichtigen; Prof. Dörr und Prof. Hoffjan sprechen sich zusätzlich dafür aus, eine weitere Verlängerung des Ressortabkommens (und damit des vertraglichen Preisprüfungsrechts des BAAINBw) kritisch zu prüfen.
Mehr oder weniger starke Unterschiede:
- Internationale Auftraggeber:
Dr. Greiffenhagen sieht es als grundsätzlich möglich, das Preisrecht auf Aufträge von internationalen Organisation anzuwenden, sofern das vertraglich vereinbart wird; Prof. Dörr und Prof. Hoffjan sprechen sich dafür aus, dass die Vergabe durch deutsche, öffentliche Auftraggeber auch dann der VO PR unterliegen soll, wenn der Sitz des Auftragnehmers im Ausland ist, und empfiehlt auch, internationale Aufträge als Vergleichsaufträge bei der Marktpreisprüfung mit anzuerkennen.
- KMU und Dienstleistungsaufträge:
Prof. Dörr und Prof. Hoffjan empfehlen größenabhängige Vereinfachungen für die Kalkulation der Selbstkostenpreise von KMU und die Anerkennung von speziellen Kalkulationsschemata für Dienstleistungsaufträge als inhaltliche Modernisierung des Preisrechts. Dr. Greiffenhagen hält hier keine Änderung der LSP für notwendig — Einzelheiten dazu könnten in Verwaltungsvorschriften geregelt werden.
- Wettbewerbspreis:
Prof. Dörr und Prof. Hoffjan sehen es für die Erleichterung der Marktpreisbildung als möglich und evtl. förderlich an, den Wettbewerbspreis entweder generell oder zumindest in klar definierten Fällen als Marktpreis anzuerkennen. Dr. Greiffenhagen lehnt die Schaffung eines Wettbewerbspreises als überflüssig ab, da dieser Sachverhalt bereits durch § 4 VO PR 30/53 (Marktpreis) abgedeckt ist.
- Pensionsrückstellungen:
Dr. Greiffenhagen sieht in Sachen Pensionsrückstellungen keinen Änderungsbedarf der LSP oder durch Verwaltungsvorschriften; Prof. Dörr und Prof. Hoffjan empfehlen hingegen, vor allem die Pensionsrückstellungen stärker in Höhe der Vorschriften des neuen Handelsrechts in die Vorschriften des neuen Preisrechts zu übernehmen.
Einzelne Akzente:
- Qualität Preisprüfung, Verkürzung Latenzzeiten, Rechtssicherheit Preistyp:
Prof. Dörr und Prof. Hoffjan empfehlen verbindliche Prüfungs- und Berichtsstandards und die Einrichtung einer zentralen Schiedsstelle (statt Preisbildungsstelle) als zweite Instanz zur Erhöhung der Qualität der Preisprüfungen. Prüfungs- und Verjährungsfristen und eine geringere Prüfungstiefe werden als Maßnahmen zur Verkürzung der Latenzzeiten gesehen. Die möglichst zeitnahe Schaffung von Rechtssicherheit über den zugrunde liegenden und finalen Preistyp — vorschlagsweise über eine Kurzprüfung bei Auftragsvergabe — wird empfohlen.
- Festpreis für freiberufliche Tätigkeiten:
Dr. Greiffenhagen spricht sich dafür aus, für freiberufliche Tätigkeiten einen „Festpreis” in Anlehnung an den früheren sog. 22 b)-Preis zu schaffen, der keiner Selbstkostenpreisprüfung unterliegt.
Über mögliche weitere Aktualisierungen und Entwicklungen weise ich an dieser Stelle hin.
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Michael Singer - Singer Preisprüfung GmbH